Historisches Sachsen
Das Portal für die Schlösser, Burgen und historischen Ruinen im Freistaat Sachsen
Burkhardswalde   
 
Allgemeines
 
Information

Landkreis Meißen

Beschreibung
Es ist schon erstaunlich, mit welchem Enthusiasmus sich manche Menschen der Erforschung und Erhaltung von alten Bauwerken widmen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn sich die Häuser abseits von großen Städten befinden, wenig Prunk versprühen, keine namhaften Besitzer hatten und nur sehr wenig über ihre Geschichte in Erfahrung zu bringen ist. Beim Steingut in Burkhardswalde treffen alle diese Punkte zu.
In der Abgeschiedenheit des kleinen Dorfes Burkhardswalde steht das Steingut im oberen Teil des Dorfes und erregt allenfalls durch seine von anderen Gebäuden abweichende Architektur ein wenig Aufmerksamkeit. Dabei ist es nicht der Glanz des Bauwerks, der die Besucher anspricht, sondern es ist die Mischung aus burgartigen Gebäuden mit abgerundeten Ecken und teilweise überstehendem Fachwerkobergeschoss, die Fragen aufwirft. Fragen, die häufig nicht beantwortet werden können, denn schon Pfarrer Paul Böhmer stellte 1902 fest: "Die ältesten Akten des Pfarrarchivs, sowie die Kirchenbücher sind in den Wirren des dreißigjährigen Krieges zu Grunde gegangen". Wenngleich auch hier geschichtsinteressierte Bürger und engagierte Heimatforscher in mühevoller Kleinarbeit die wenigen vorhandenen Archivakten durchforstet und moderne naturwissenschaftliche Methoden, wie die Dendrochronologie, etwas Licht in das Dunkel gebracht haben, bleiben doch noch viele geschichtliche Fragen offen und müssen durch Interpretationen ersetzt werden.
Dennoch scheint es wichtig zu sein, auch solch einem Bauwerk die ihm gebührende Aufmerksamkeit zu schenken - alleine schon, weil sich fleißige Menschen um seine Erhaltung bemühen und es wert ist, besucht zu werden. Dabei hatte das Steingut keinen guten Start. Nach vielen Jahren Leerstand und Verwahrlosung gründete sich 2007 ein Verein, um das bis dahin schon lange leerstehende Denkmal aus dem 14. Jahrhundert zu übernehmen und zu restaurieren. Ca. 30 Mitglieder des "SteinGut e.V." und eine Vielzahl an Förderern setzen seit dem die Theorie der Vereinssatzung in die Praxis um. In dieser Zeit wurde durch ehrenamtliches Engagement viel für das bis dahin völlig unbekannte und kurz vor dem Zusammenbruch stehende Haus erreicht. Seit 2015 steht das Steingut den Einwohnern des Ortes als Bürger- und Vereinshaus mit zunächst drei unterschiedlich große Räume für Feiern, Veranstaltungen und Tagungen zur Verfügung.
Nach der Unterwerfung der Slawen durch den elbaufwärts ziehenden deutsche König Heinrich I. Anfang des 10. Jahrhunderts begann die Besiedlung des Landes durch germanische Einwanderer. Wenngleich für Burkhardswalde eine urkundliche Erwähnung erst im 14. Jahrhundert bekannt ist, wurde der Ort vermutlich schon um 1150 von fränkischen Siedlern angelegt. Bereits früh soll Burkhardswalde ein Wallfahrtsort gewesen sein, weil sich in der Kirche ein wundersames Marienenbild befand, zu dem zahlreiche Menschen an den Marientagen pilgerten. Aus dem Zusammentreffen dieser Menschen habe sich ein Markttreiben entwickelt, das zunächst drei, später nur noch zwei Märkte im Ort nach sich zog.
Bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts war das Steingut ein Vorwerk des Rittergutes Taubenheim. Die Jahrmarktfunktion des Kirchdorfes in Zusammenhang mit den Wallfahrten könnte ein Grund für die Präsenz gewesen sein, denn das regelmäßige Zusammentreffen von Personen unterschiedlichen Standes machte auch eine bauliche Repräsentation durchaus sinnvoll. Schließlich galt es, abseits von größeren Städten, die Ordnung und Sicherheit durch die Anwesenheit der regionalen Ordnungsmacht an einem befestigten Platz zu gewährleisten.
Mitte des 15. Jahrhunderts erfolgte eine Aufteilung der 17½ Hufen, von denen fortan 11½ Hufen in den Besitz der Schönberger (später Rothschönberg) und 6 Hufen zum Rittergut Taubenheim gehörten. Vermutlich mit dem Verkauf des halben Dorfes an die Schönberger wurde das Vorwerk aufgelöst und in zwei Bauernstellen gewandelt. Belege für die bäuerliche Nutzung stammen jedoch erst vom Ende des 17. Jahrhunderts, insbesondere durch bauliche Maßnahmen der damaligen Besitzer. So entstand um 1690 durch Hans Fehrmann eine Stube im Erdgeschoss des Hauses mit profilierten Balkendecken. Gleichzeitig wurden auch anderen Decken zwischen dem 1. und 2. Obergeschoss ausgewechselt. Eine weitere Umbauphase fand zwischen 1808 und 1818 unter Carl Gottfried Lommatzsch statt. Lommatzsch ließ den Vorraum im Erdgeschoss erweitern, offenbar um das Portal großzügiger gestalten zu können. Weitere Raumveränderungen erfolgten in den Obergeschossen. Auch in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts fanden Umbauarbeiten statt, so in der Küche und bei der Neuverlegung von Deckenbalken im 1. Obergeschoss. Zusätzlich zu den Umbauten im Haus sind insbesondere ab dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts mehrere Stallgebäude entstanden, die heute z.T. wieder beseitigt sind.
So präsentiert sich dem Besucher auf einem 15 x 21 m großen Kern ein turmartiges Steinhaus und zwei Nebengebäude, die zusammen mit der Mauer im Westen einen ca. 5 x 7½ m großen Innenhof hufeisenförmig umschließen. Der Zugang zum Hof erfolgt über eine vorgelegte Treppe durch ein Segmentbogenportal und die starke Außenmauer an der Westseite. Ebenfalls nach Westen gerichtet sind die Giebel des Steinhauses und des nördlichen Nebengebäudes. Bemerkenswert für die dörfliche Bauweise ist die Dreigeschossigkeit des Steinhauses, das dadurch die Nebengebäude überragt. Während das Steinhaus vollständig aus Bruchsteinen errichtet wurde, lassen die Nebengebäude im Obergeschoss Fachwerk erkennen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war es die Familie Döring, die 1953 vom Steingut vertrieben wurde. Im Steingut brachte man die LPG-Verwaltung und Wohnung für zwei Familien unter. Später dient das Gebäude als Kindertagesstätte und Wohnhaus. Nach dem Auszug des letzten Mieters 1990 stand das Bauwerk leer. Erst die Übernahme durch den SteinGut e.V. brachte wieder neues Leben in das alte Gemäuer. Es bleibt zu hoffen, dass die Vereinsmitglieder weiterhin tatkräftig anpacken, um das Steingut noch bekannter zu machen.
 
Bildergalerie
Steingut Burkhardswalde
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