|
Beschreibung
Der Bergbau im Erzgebirge hat eine über 800jährige Tradition. Im Jahre 1168 stießen Kaufleute in der Nähe des heutigen Freibergs unerwartet auf Silber. Dieses Ereignis löste jenes Berggeschrei aus, das die Entwicklung des Erzgebirges in den folgenden Jahrhunderten entscheidend bestimmen sollte. Auch im Schwarzenberger Revier lässt sich der Bergbau seit dem 16. Jahrhundert belegen. Gefördert wurde zumeist Eisen und Zinn, aber auch Spate und Marmor. Die Eisenerze wurden verhüttet und geschmiedet. Durch Wasserkraft angetriebene Eisenhämmer formten u.a. dünne Eisenstangen und Drähte, die von Nagelschmieden zur Herstellung von Nägeln benötigt wurden.
Eisenhämmer waren anfangs vom Vorhandensein der Wasserkraft abhängig. Später setzte man auch durch Dampfkraft betriebene Hammerwerke ein. Gleichzeitig mussten Wälder die Gewinnung großer Mengen von Holzkohle für den Verhüttungsprozess garantieren. Um kurze Transportwege des eisenhaltigen Gesteins zu ermöglichen, wurden Eisenhämmer zumeist in der Nähe von Eisenerzvorkommen angelegt.
All das war im Erzgebirge der Fall und so geht auch das spätere Rittergut Förstel auf einen solchen Eisenhammer zurück. Die Geschichte begann mit dem Berg- und Hammerherrn Kaspar Klinger, der 1540 am linken Ufer des Schwarzbachs eine Schmelzhütte mit Hammerwerk erbauen ließ. Sein Sohn Nikolaus Klinger, der bald nach dem frühen Tod des Vaters den Eisenhammer erbte, kaufte noch weitere Hammerwerke dazu und stieg so zu einem der reichsten und bedeutendsten erzgebirgischen Hammerherrn auf. Aus seiner Ehe mit Anna Hempel gingen vier Töchter hervor. Seine jüngste Tochter Esther heiratete 1611 den kurfürstlich-sächsischen Leutnant Rudolph von Schmertzing, der den Förstelhammer seines Schwiegervaters und später weitere Hammerwerke übernahm. Schmertzing erwirkte auch die Erhebung des "Förstels" zum schriftsässigen Rittergut durch Kurfürst Johann Georg I.
Doch die erfolgreiche Zeit des Förstelhammers war vorbei. Im Dreißigjährigen Krieg zerstört, wechselte das Rittergut mehrfach die Besitzer, allesamt wohlhabende Bürger der umliegenden erzgebirgischen Städte. Schließlich erwarb Johann Querfurth, Ratsherr und Bürgermeister in Annaberg, 1790 das Gut. Unter seiner Aufsicht entstanden zwischen 1793 und 1814 mehrere landwirtschaftliche Gebäude und das Herrenhaus. Das spätbarocke Gebäude aus dem Jahr 1807 verfügt über einen turmartigen dreigeschossigen Mittelbau, in dem sich zentral der Eingang befindet. Die etwas vorgezogene Mittelpartie überragt mit seinem Dacherker das Mansardenwalmdach und wird mit einem Dreiecksgiebel bekrönt. Darüber erhebt sich der Dachreiter mit Zwiebelhaube. Die beiden nur zweigeschossigen Seitenflügel des rechteckigen Gebäudes tragen hohe Mansarddächer, die an den beiden Giebelseiten abgewalmt sind. Sämtliche Dächer sind mit dunklem Schiefer eingedeckt.
Johann Querfurths Sohn Carl, königlich-sächsischer Leutnant, stieg im Mai 1813 als "Edler von Querfurth" in den Adelsstand auf. 1817 erbte er das Gut Förstel vom seinem Vater, nahm seinen Wohnsitz aber ab 1825 in Schönheiderhammer. Nach seinem Tod 1845 ging das Gut durch verschiedene Hände. Schließlich kaufte der Pharmazeut Dr. Willmar Schwabe das Erbgut Förstel und ließ es zur "Heimstätte für Genesende" ausbauen. Neben Förstel betrieb Dr. Schwabe auch in Gleesberg bei Schneeberg und Augustusbad bei Radeberg Kurheime, die er 1905 zur "Dr. Willmar Schwabeschen Heimstättenstiftung" vereinigte. Die Satzung beschrieb den Zweck der Stiftung: "Die Stiftung hat den Zweck, Minderbemittelten nach schwerer Erkrankung völlige Gesundheit wiederzugeben, sie gegen Siechtumskrankheiten widerstandsfähig zu machen, dadurch ihre Erwerbsfähigkeit zu verlängern und solche, die Ernährer ihrer Familien sind, diesen zu erhalten". Die im Gutsbetrieb erwirtschafteten Erträge fielen der Stiftung zu.
Nachdem das Heim schon in nationalsozialistischer Zeit zu einem Müttererholungsheim umprofiliert worden war, ging aus ihm 1946 ein Altersheim hervor. Die Schwabesche Heimstättenstiftung musste 1959 aufgelöst werden, konnte aber 1992 ihre alten Rechte wiedererlangen. Das 1995 sanierte und denkmalgeschützte Herrenhaus wird heute für betreutes Wohnen genutzt.
|
|
|
Bildergalerie |
|
|
Herrenhaus Förstel |
|