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Beschreibung
Die Geschichte des Schlosses Neusorge ist die Geschichte eines überdimensionierten Bauwerks. Bereits beim Bau einer der größten barocken Adelssitze in Sachsen wurde deutlich, dass die Ansprüche der Bauherrn wohl größer waren, als sein Geldbeutel. Immer wieder gab es finanzielle Probleme. So dauerte es siebzehn Jahre, bis der Rohbau fertiggestellt werden konnte. Doch der Innenausbau unterblieb. Carl Sigismund von Arnim hatte seinen Besitz zu dieser Zeit bereits an seine Schwester Christiane Elisabeth von Bünau abtreten müssen.
Das Waldhufendorf Zschöppichen bei Mittweida wurde in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts besiedelt. Nach einer ersten urkundlichen Erwähnung 1349/50 im Lehnbuch Friedrichs des Strengen, Markgraf von Meißen und Landgraf von Thüringen, besaß Hugo von Wolkenberg das "allodium in villa Schepichin prope Miteweide", 4 Mark Einkünfte und Wald. 1445 saß Ramfold von Stockhausen auf Zschöppichen, dessen Erben es vor 1482 an Caspar von Schönberg auf Sachsenburg veräußerten. Caspar von Schönberg erhielt im Jahre 1482 einen Lehnbrief für Hof und Vorwerk Zschöppichen mit dem Dorf und den Wäldern. Das sächsische Uradelsgeschlecht von Schönberg, dass sich bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen lässt, gehört zu den bedeutendsten Adelsgeschlechtern Sachsens. Angehörige der Familie waren Bischöfe und Kardinäle, Amtmänner oder Kammerherrn. Besondere Verdienste erwarb sich die weit verbreitete Familie von Schönberg auch im sächsischen Bergbau, waren mehrere Familienmitglieder doch in der sächsische Bergbauverwaltung als Berghauptmann bzw. Oberberghauptmann tätig. Die umfangreiche Grundherrschaft derer von Schönberg im Raum Zschöppichen umfasste neben Zschöppichen u. a. auch Sachsenburg, Frankenberg, Seifersbach, Mühlbach, Hausdorf (bei Frankenberg) und Schönborn. 1535 teilten Wolf, Amtmann zu Meißen, und Caspar von Schönberg dieses Herrschaftsgebiet in Sachsenburg und Zschöppichen auf. Seit dieser Zeit wird der Rittersitz in Zschöppichen "Neusorge" genannt. Die Familie von Schönberg errichtete 1579 auch ein Renaissanceschloss, nachdem die alte Burganlage einem Brand zum Opfer fiel. Vermutlich sind bei diesem Brand auch ältere Urkunden vernichtet worden.
Ein Neues Kapitel für Neusorge brach an, als 1610 Kurfürst Christian II. von Sachsen das verschuldete Rittergut erwarb und es zu einem Amt umwandelte. Während der kurfürstlichen Verwaltung vollzog das Rittergut Neusorge in den ersten 22 Jahren bis 1632 einen beachtlichen wirtschaftlichen Aufschwung. Kurfürst Johann Georg I. zeigte viel Verständnis für wirtschaftliche Verbesserungen und fand im Verwalter Christian Reisiger einen geschickten Organisator. Mit dem Übergreifen des Dreißigjährigen Krieges auf Sachsen brach diese positive Entwicklung jedoch ab. Schwere Verluste an Vieh und Getreide sowie plündernde Soldaten hinterließen große Schäden im Rittergut. Zudem bestand nach dem Tod von Johann Georg I. 1656 deutlich weniger Interesse an einer Entwicklung der Gutswirtschaft. So übergab der sächsische Kurfürst Johann Georg III. 1689 das Amt Neusorge gemeinsam mit den Rittergütern Planitz bei Zwickau und Walda bei Großenhain im Tausch gegen die Herrschaft Pretzsch an der Elbe an Wolf Christoph von Arnim.
Schließlich erbte der jüngste Sohn von Wolf Christoph von Arnim, der General der Kavallerie und sächsisch-polnische Gesandte in Petersburg Carl Sigismund von Arnim, das Rittergut. Als im Juli 1745 das Gut infolge eines Blitzschlages niederbrannte, setzte der General das lange geplante Vorhaben einer einheitlichen Schloss- und Rittergutsanlage in die Tat um. Es entstand eine dreizehnachsige Dreiflügelanlage mit rechteckigem Ehrenhof, dem wiederum ein Wirtschaftshof vorgelagert ist. Die ein- und zweigeschossigen Wirtschaftsgebäude, die in Bruchsteinmauerwerk errichtet und mit einer Putzfassade versehen sind, tragen Satteldächer mit Fledermausgauben. Ihre südlich angeschlossenen zweigeschossigen Kopfbauten barocke Mansarddächer mit Giebel- und Schleppgauben. Die Toreinfahrt zum Hof befindet sich an der Nordseite und war früher mit einem Dachreiter versehen, der jedoch 1968 beseitigt wurde und heute nur noch als Turmstumpf mit Uhr erhalten ist. Über der Durchfahrt sind die Wappen des Bauherrn Carl Sigismund von Arnim und seiner Gattin Henriette Charlotte von Hoym angebracht.
Die Kopfbauten an den Wirtschaftsgebäuden besitzen unterschiedliche Funktionen. An den westlichen Kopfbau schließt sich im rechten Winkel die 1749 fertig gestellte große Orangerie an. Der östliche Teil des Wirtschaftsgebäudes diente aus Gerichtsgebäude. Zudem befand sich im Ostflügel des Gutshofes die evangelische Schlosskapelle, die man als solche wegen des einheitlichen Bildes der Schlossanlage nicht erkennt. Die zweigeschossige Herrschaftsempore ist mit dem farbigen Allianzwappen des Bauherrn und seiner Gattin geschmückt.
Das Schloss selbst steht südlich ausgerichtet auf einer Anhöhe und ist bewusst auf die umgebende Landschaft bezogen. Wer das Schloss plante, ist nicht bekannt. Man vermutet aber, dass der sächsische Architekt Johann Christoph Knöffel dafür infrage kommt. Der Bau des Schlosses begann 1751, wurde jedoch durch den Siebenjährigen Krieg und einen kurzzeitigen Besitzerwechsel auf Gotthelf Adolph von Hoym durch Carl Sigismund von Arnim erst 1768 zu Ende geführt, wie eine lateinische Inschrift über der hofseitigen Giebelbekrönung mitteilt. Das Schloss trägt ein hohes, mit Schiefer gedecktes Mansardwalmdach. In der Mittelpartie zeigt die giebelartige Bekrönung das Wappen der Familie von Arnim, umgeben von einer Ordenskette des Andreasordens sowie militärische Symbole. Das Schloss ist von den Wirtschaftsgebäuden einige Meter abgerückt. Seine Fassadengliederung besteht aus gleichmäßigen Fensterachsen. Sockel, Gesimse, Balustergalerien an den Treppen und Dachaufbauten sowie sämtliche Fenster- und Türgewände sind aus Rochlitzer Porphyr gefertigt. Über eine Freitreppe erreicht man das Hauptportal in der Mittelachse. Während die Hofseite des Schlosses zwei Geschosse aufweist, ist die Gartenseite aufgrund des leicht abschüssigen Geländes dreigeschossig gehalten und mit einem dreiachsigen Mittelrisalit mit Dreiecksgiebel und Dachvase aufgelockert. Den heutigen grauen Fassadenputz muss man sich zur Bauzeit des Schlosses in einer illusionistischen Architekturmalerei vorstellen, die den herrschaftlichen Anspruch der Familie von Arnim unterstrich.
Schloss Neusorge war an drei Seiten von einer großzügigen, terrassierten Gartenanlage umgeben, der heute verwildert ist. Die Hauptachse des Garten verlief nicht wie üblich auf die Mitte des Schlosses zu, sondern führte westlich am Schloss vorbei zum Gartensaal im Orangeriegebäude. Auf dem Gartenparterre standen die barocken Sandsteinstatuen der "Vier Jahreszeiten" des Bildhauers Johann Gottfried Knöffler. Die Statuen gingen 1945 in Dresden verloren. Auf der unteren Rampenanlage befand sich einst ein Delfinbrunnen.
Das Schloss Neusorge hätte für Carl Sigismund von Arnim sicher einen schönen Alterssitz abgegeben, doch finanzielle Probleme führten bereits vor seiner Fertigstellung 1766 zum Verkauf an seine Schwester Christiane Elisabeth von Bünau auf Dahlen. So gelangte Neusorge an die Grafenfamilie von Bünau. Das seit dem 12. Jahrhundert nachweisbare und aus dem Naumburger Uradel stammende Geschlecht hatte sich ab dem Hochmittelalter immer mehr verzweigt und u.a. nach Thüringen, Böhmen und Kursachsen ausgebreitet. Seit 1876 war das Rittergut im Besitz der Familie von Carlowitz auf Oberschöna. Da die Familienmitglieder über eigene Schlösser verfügten, verzichteten sie auf einen Ausbau des Schlosses Neusorge. Schließlich verkaufte Günther von Carlowitz das Rittergut Neusorge noch vor dem Ersten Weltkrieg an den Fürsorgeverband Leipzig. Die Leipziger Architekten Max und Waldemar Vogel bauten Neusorge 1921 bis 1923 zum Kinderheim um, welches von 1924 bis 1931 an die schwedische Philanthropin Elsa Brändström, die hier ein Heim für Kinder ehemaliger deutscher Kriegsgefangener des Ersten Weltkriegs betrieb, verpachtet wurde. 1934 musste der Fürsorgeverband den Betrieb des Rittergutes aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben. Das Gut übernahm die Gemeinnützige Siedlungsgesellschaft Sächsische Bauernsiedlung GmbH und teilte den Grundbesitz in Bauernstellen auf. Dabei kam auch ein Teil der Gutsflur an den bisherigen Inspektor Alfred Hendel. Das Schloss wurde Motorsportschule des Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente Schloss Neusorge als Flüchtlingsunterkunft, bevor es erneut als Spezialkinderheim, benannt nach dem Spanienkämpfer Fritz Pawlowski, genutzt wurde. Seit dem Jahr 1993 steht Schloss Neusorge leer. Auch eine Versteigerung durch die Treuhandanstalt 1995 und nachfolgende mehrfache Besitzerwechsel führten bisher noch nicht zur Nutzung des Gebäudes. Der Wirtschaftshof befindet sich im Privatbesitz.
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