Historisches Sachsen
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Niederottenhain   
 
Allgemeines
 
Information

Landkreis Görlitz

Beschreibung
Ottenhain in der südöstlichen Oberlausitz wurde erstmals im Jahr 1317 schriftlich erwähnt. In einer Urkunde vom 3. Dezember wies Markgraf Woldemar von Brandenburg acht Dörfer des Landes Görlitz, darunter auch "Ottenhayn", in das Gericht der Stadt Löbau. Die Geschichte des Rittergutes Niederottenhain reicht bis in das 16. Jahrhundert zurück. Der Ort befand sich seit dem Mittelalter im Besitz adliger Herrn und gehörte, wie viele andere Orte auch, im 16. und 17. Jahrhundert der Familie Gersdorff. Lediglich zum Ende des 16. Jahrhundert ist als Besitzer Heinrich von Miltitz bekannt. Doch bereits Anfang des 17. Jahrhunderts kaufte Christoph von Gersdorff den Ort und brachte ihn wieder an die weit verbreitete adlige Familie. Sein Nachfolger Georg von Gersdorff war verheiratet mit Helene von Schwanitz. Nach dem Tod des Christoph von Gersdorff 1628 vermählt sich dessen Witwe Helene 1631 mit Hans (Johannes) von Berge, zweiter Sohn des Jacob von Berge auf Zelz in der Herrschaft Pförten, und begründete damit die mit geringer Unterbrechung bis in das 1. Drittel des 19. Jahrhunderts währende Linie der Familie zu Ottenhain.
Das schlossähnliche Herrenhaus Niederottenhain wurde jedoch nicht für die Familie von Berge errichtet, sondern ist erst später in den 1860er Jahren anstelle eines Vorgängerbaus entstanden. Durch das Fehlen von Bauunterlagen ist ebenso wenig eine präzise Datierung möglich, wie die Aussage zum Bauherrn. Wahrscheinlich ist, dass das Herrenhaus unter Christoph Ferdinand Sieland entstand und der nachfolgende Besitzer Carl Oskar Freiherr von Friesen bereits ein fertiges Gebäude vorfand, jedoch weitere Gestaltungen, z.B. des Parks, vornahm.
Das Gebäude mit neogotischen Elementen hat zwei Geschosse und ein flaches Walmdach, das von einem eingestellten rechteckigen Turm am Eingangsbereich überragt wird. Sein weithin sichtbarer Turm trägt einen Zinnenkranz aus Granit, der auf einem auskragenden Rundbogenfries ruht. Flache Türme und Zinnen waren eine Modeerscheinung des 19. Jahrhunderts und sollten an verklärte mittelalterliche Zeiten erinnern. Das Rundbogenportal auf der Hofseite flankieren ein Rundbogenfries sowie polygonale Pfeiler, die sich beeindruckend von der Fensterfront abheben. Farblich abgesetzte Ecklisenen akzentuieren das Herrenhaus zusätzlich. Im Inneren gehen von großzügigen Fluren hohe Räume ab. Besonders markant ist ein grün glasierter Kachelofen im Erdgeschosses.
Auf der Hofseite im Süden ist eine Freitreppe vorgelagert, die wegen der Hanglage des Gebäudes in das Erdgeschoss führt. Darüber befindet sich ein drei Fensterachsen einnehmender Balkon. Vor der Treppe befand sich einst ein Springbrunnen, der vom nahen Teich gespeist wurde. Leider verfiel die Anlage nach dem Zweiten Weltkrieg. Stattdessen mauerte man in den 1980er Jahren eine Terrasse für den Kindergartenbetrieb davor.
Zum Ensemble des Rittergutes gehören neben dem Herrenhaus auch noch mehrere um einen großen Innenhof unregelmäßig angeordnete Wirtschaftsgebäude und ein Gutspark mit Einfriedungsmauer. An einem Wirtschaftsgebäude finden sich die Initialen "SGR", die auf den Bauherren und damaligen Rittergutsbesitzer Samuel Gotthelf Reichel hinweisen, der das Rittergut 1831 erwarb. Das Stallgebäude wurde laut Inschrift 1834 errichtet. Östlich an das Herrenhaus schließt sich der Gutspark an, der von einer Mauer aus Granitbruchstein eingefriedet wird und einen hohen Altbaumbestand aufweist.
Mit dem Kauf von Carl Crome 1886 endete die Besitzfolge adliger Herrn. Fortan wurde Niederottenhain nur noch von bürgerlichen Landwirten bewirtschaftet. Nach der Enteignung 1945 verteilte man das Rittergutsland an Neubauern. Das Herrenhaus ging in Gemeindebesitz und wurde zur Unterbringung von Umsiedlern und als Berufsschule sowie als Kindergarten genutzt. In den 1990er Jahren setzten umfangreiche Restaurierungsarbeiten ein. Den Turm sichert seit dem eine Stahlumfassung, die gleichzeitig als Geländer für die Aussichtsplattform dient. Darüber hinaus konnte die defekte Uhr mit Spendenmitteln ersetzt werden. Auch die Freitreppe wurde wieder hergestellt. Seit 2022 befindet sich das ehemalige Herrenhaus im Privatbesitz.
 
Bildergalerie
Herrenhaus Niederottenhain
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