Historisches Sachsen
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Obergöltzsch   
 
Allgemeines
 
Information

Vogtlandkreis

Beschreibung
Der Ort Rodewisch trat mit seiner Erstnennung im Jahre 1411 in die Geschichte ein. Woher der Name kommt, ist noch nicht vollständig geklärt. Naheliegend ist jedoch ein Bezug zu "roden" und "wisch" (gerodete Wiese).
Das geschichtliche und kulturelle Zentrum des Ortes bildet seit jeher die sogenannte "Schlossinsel". Auf ihr befinden sich drei Sehenswürdigkeiten, die über die Grenzen des Ortes hinaus Bekanntheit erlangt haben: das archäologische Reservat, das Schloss und das im Herrenhaus des Rittergutes untergebrachte Museum.
Ausgangspunkt der Besiedlung um Rodewisch war die schon um die Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert entstandene Urburg. Von 1937 bis 1939 legten Mitarbeiter des Instituts für Denkmalpflege Dresden unter der Leitung des späteren sächsischen Landeskonservators und Professors Hans Nadler die Reste der Burg Göltzsch, einer mittelalterlichen Ringwallanlage mit den Grundmauern eines von einem Wassergraben umgebenen sogenannten "festen Hauses", frei und untersuchten sie archäologisch.
Die Ausgrabungen erbrachten eine Fülle von Gegenständen des täglichen Lebens aus dem 13. bis 15. Jahrhundert. Neben Keramik wurden auch Gläser, Waffenteile, Schmuck und Spielzeug geborgen. In den Wassergraben geworfene Knochen und andere Abfälle führten zu Rückschlüsse auf die Ernährungsweise der Bewohner. Die Bodenfunde sind im angrenzenden Museum im ehemaligen Herrenhaus ausgestellt.
Die Anlage bestand ursprünglich aus einem quadratischen Wohnturm, der bereits das Wasser als Annäherungshindernis nutzte. Die Platzverhältnisse zwangen im 14. Jahrhundert die Ritter dazu, den Wohnturm aufzugeben und mit einer größeren Wasserburg zu überbauen. Den Kern bildete ein kleiner Burghof mit dem "festen Haus" und einige Wohngebäude. Ein zwei Meter hoher Erdwall umschloss die etwa 21 x 21 m große Anlage, die über eine Zugbrücke über den sieben Meter breiten Graben erreicht werden konnte.
Über die ursprünglichen Erbauer der Anlage gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Literaturquellen gehen von den Herren von Reuss, Vögte zu Plauen, als Besitzer aus. Anfang des 16. Jahrhunderts wurden die Herren von der Planitz, die 1522 das Adelsprädikat "Edler" verliehen bekamen, als Eigentümer genannt. Durch eine Erbteilung 1602 der Brüder Günther, Georg Dietrich und Christoph Friedrich Edle von der Planitz entstanden die Rittergüter Obergöltzsch und Untergöltzsch. Das Vorwerk Niederauerbach war bereits vorher abgespalten worden. Obergöltzsch wurde ab dem 17. Jahrhundert mehrfach veräußert: 1661 an Joachim Friedrich von Beust, 100 Jahre später an Friedrich August von Brandenstein, der es 1780 wiederum an den Tuchhändler Johann Adam Frank verkaufte, und kurz danach ging Obergöltzsch an die bürgerliche Gutsbesitzerfamilie Adler, die den Hof bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts bewirtschaftete. Schließlich war es ein günstiger Umstand, dass die Stadt Rodewisch, die bereits 1911 einen Teil des Rittergutes erworben hatte, das Areal des Gutes an den Stadtpark angliedern wollte und dazu die bereits beschriebenen archäologischen Grabungen initiierte. Der damals junge Architekt Hans Nadler stellte bei seinen Untersuchungen fest, dass die älteste erhaltene Baustruktur, das so genannte Schlösschen, ein Renaissancebau aus dem 16. Jahrhundert war. Dies war um so verwunderlicher, da die Ersterwähnung einer Burg bereits aus dem 15. Jahrhundert stammte. Hans Nadler vermutete ältere Baureste noch unter der Erde und begann die systematische Suche in einem Obstgarten in der Nord-West-Ecke der Anlage. Dabei stieß er auf die Grundmauer der einstigen Hauptburg, bei deren weiteren Ergrabung die sensationellen Ergebnisse zu Tage traten.
Neben dem Geviert der ehemaligen Wasserburg zieht auch das zu Beginn des 16. Jahrhunderts errichtete Renaissanceschlösschen der Edlen von der Planitz die Aufmerksamkeit auf sich. Das Schlösschen wurde als Wohnhaus errichtet, da die Herrschaft nicht mehr in der alten Wasserburg wohnen wollte. Es besteht aus einem tonnengewölbten Erdgeschoss und zwei Ecktürmen, die im unteren Teil rund ausgebildet sind und sich nach oben hin zu rechteckig vorkragenden Erkern erweitern. Das hofseitige Türmchen ist mit einer schieferverkleideten aufwändigen Turmspitze versehen. Da das Schlösschen zu Beginn der baulichen Umgestaltung der Schlossinsel in eine Scheune integriert war, fehlte das Obergeschoss. Nach Plänen von Hans Nadler setzte man ein Obergeschoss sowie ein Satteldach auf, welches von Treppengiebeln eingefasst ist. Der Innenausbau erfolgte auf Grund des Kriegsbeginns erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts. Dabei baute man auch eine Kassettendecke ein, die früher das zum Abbruch freigegebene Schloss Niederrödern schmückte. Die Decke weist sogenannte Flasern auf, mehrfarbig bedrucke Tapetenteile, die auf die Kassettenfelder geklebt sind. In ihr wechseln sich Stern- und Sonnenmotive ab. Die grün getönten Zwischenräume sind mit vergoldeten Zapfen verziert. Den Festsaal des Rodewischer Schlösschens erreicht man über eine freiliegende Treppe, deren schmiedeeisernes Geländer aus dem gesprengten Schloss Tiefenau stammt. Der Saal wird für Konzerte, Trauungen, Festveranstaltungen und anderes genutzt.
Das Schlösschen wurde jedoch nicht lange als herrschaftlicher Wohnsitz genutzt. Die Familie von Beust, die Mitte des 17. Jahrhunderts das Rittergut erworben hatte, bezog das Herrenhaus im Südwesten der Insel, ein schlichtes zweigeschossiges Gebäude mit Satteldach. In dem dort eingerichteten Museum sind wertvolle Ausgrabungsfunde und heimatkundliche Sammlungen untergebracht, die dem Besucher Einblicke in die Geschichte des Ortes und der Umgebung bieten. Der Zugang zur Schlossinsel erfolgt durch ein Torhaus mit Fachwerkobergeschoss, welches sich rechtwinklig an das Herrenhaus anschließt.
Das gesamte Hofgelände ist von einem nahezu rechtwinkligen Wassergraben umgeben, der von der Göltzsch gespeist wird. Ursprünglich war der Ritterhof mit Scheunen und Stallungen bebaut. Diese trug man jedoch 1938/39 ab. Die von Hans Nadler entwickelten Pläne für eine Neubebauung konnten jedoch nicht mehr ausgeführt werden. Sie bildeten aber die Grundlage für die Einrichtung des heutigen städtischen Kulturzentrums auf der Schlossinsel. Neben dem Museum, dem Schlösschen und den Grundmauern der alten Wasserburg Göltzsch kamen ein Inselimbiss sowie eine Freilichtbühne hinzu.
 
Bildergalerie
Torhausflügel
Grundmauern des "festen Hauses Göltzsch"
Renaissanceschloss
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