Historisches Sachsen
Das Portal für die Schlösser, Burgen und historischen Ruinen im Freistaat Sachsen
Schloss Radibor   
 
Allgemeines
 
Information

Landkreis Bautzen

Beschreibung
Manchmal wünscht man sich, Märchen würden wahr werden: Nach der Enteignung des letzten Gutsbesitzers Alfred Freiherr von Welck wurde das Schloss Radibor nur noch für die Ausbildung sorbischer Neulehrer, Internat und LPG-Küche genutzt und stand seit den 90er Jahren leer und ungenutzt im Ortszentrum. Die Gemeinde hatte wegen der zu erwartenden Kosten kein Interesse an der Übernahme und zwischenzeitliche Neueigentümer investierten auch nicht im erforderlichen Umfang. Doch seit 2021 regt sich etwas. Ein Baugerüst lässt auf die dringende Sanierung hoffen. Der Berliner Landschaftsarchitekt Florian Heilbronner hat das denkmalgeschützte Gebäude vom Vorbesitzer erworben und mit den ersten Sanierungsarbeiten begonnen. Es sieht so aus, als sollte das Schloss endlich zu einem neuen Leben erweckt werden.
Die Gemeinde Radibor gehört zum amtlichen sorbischen Siedlungsgebiet. In Radibor haben sich die sorbische Sprache und der katholische Glaube bis heute erhalten. Die Reformation hat sich hier nicht durchsetzen können. Zwar wurde der Übertritt zum Protestantismus im 16. und 17. Jahrhundert mehrfach von den evangelischen Grundherren des Gutes angestrengt, jedoch scheiterten sie immer am massiven Widerstand der katholischen Bevölkerung. So wurde das Dorf auch durch die sogenannte "Osterreiterschlacht" bekannt. Als der Gutsbesitzer Christoph von Minkwitz im 17. Jahrhundert den Osterreitern den Ritt auf den Friedhof um die damalige Pfarrkirche untersagte, um den evangelischen Glauben in Radibor durchsetzen, lieferte sich die Bevölkerung eine Schlägerei mit den Dienern der Gutsherrschaft, die zugunsten der katholischen Dorfbewohner ausging.
Radibor wurde im 14. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt, jedoch bestand bereits im 13. Jahrhundert eine Pfarrgemeinde. 1441 wird ein Rittersitz des Hans von Bolberitz zu Radibor genannt. Von 1463 gehörte das Anwesen für einhundert Jahre der Familie von der Plaunitz (Planitz) und ab 1589 war es im Besitz der Familie von Haugwitz. Schließlich überließ Christoph von Haugwitz das Gut Christoph von Minkwitz, der als eifriger Anhänger Luthers galt und mit allen Mitteln - vergeblich - versuchte, die Reformation auf seinen Gütern einzuführen. Über Johannes Julius von Burkersroda gelangte Radibor 1707 schließlich an Friedrich Wilhelm von Schack.
Wilhelm von Schack eröffnete ein neues Kapitel des Gutes, indem er zwischen 1709 und 1719 über die alte Wasserburg ein neues, vierflügeliges Schloss auf fast quadratischem Grundriss erbauen ließ. Das Grabensystem ist teilweise noch heute erkennbar. Trotzt der schlichten Bauform entstand mit dem umlaufenden Mansarddach und dem Dreiecksgiebel an der Hauptseite ein überaus herrschaftliches Bauwerk. Zudem gliedern feine Risalite alle vier Seiten. Das Portal war durch einen rankengeschmückten Schlussstein und dem von Pilastern getragenen Korbbogen besonders betont. Über der Rahmung des Eingangs standen auf halbkreisförmigen Giebelstücken einst Figuren der Tapferkeit (Fortitudo) und des Krieges (Minerva mit Lanze und Gorgonenschild). Zwischen beiden befand sich eine Kartusche mit dem Wappen der Familie von Einsiedel aus dem 19. Jahrhundert. Der Schmuck wurde jedoch nach 1945 abgeschlagen und durch andere Figuren und Wappen ersetzt. Die Füllung der Kartusche des oberen Giebelfeldes ist bereits im 19. Jahrhundert entfernt worden. In den rundbogigen vier Nischen der Gebäudefront standen vermutlich einmal kunstvolle Figuren. Zudem besitzt der ehemalige Adelssitz einen schmalen, mit einem Glasdach überdeckten Lichthof im Zentrum.
Das Schloss betritt man über eine von zwei Löwen bewachte Treppe, die in eine stattliche Eingangshalle mündet. Zwei leere Wandnischen rahmen eine ehemalige Flügeltür, nach der eine Treppenanlage beidseitig das Obergeschoss erschließt, während der geradeaus unter dem Mittelpodest verlaufende Zugang in den Lichthof und weiter über einen Gang zur Gartenpforte führt. In den vorderen Teilen der Seitenflügel erstreckten sich die Wohnräume, in den hinteren die überwölbten Wirtschaftsräume. Die großen Räumen des Obergeschosses waren einfach gehalten.
Das Schloss umgab ein ca. 1,2 ha großer französischer Garten mit altem Baumbestand, der heute vollkommen verwildert ist. In dessen rückwärtigem Bereich haben sich zwei Pavillonbauten erhalten.
 
Bildergalerie
Schloss Radibor
Gartenpavillon
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