Historisches Sachsen
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Riesa   
 
Allgemeines
 
Information

Landkreis Meißen

Beschreibung
Das Riesaer Rathaus ist schon etwas Besonderes, denn kaum ein Besucher weiß, dass das Haus einmal ein Schloss war und eine Klostervergangenheit hat. Doch die Stadt Riesa ist aus einem Benediktinerkloster hervorgegangen - das erste Kloster in der Mark Meißen überhaupt. In einer Urkunde des Papstes Calixtus II. aus dem Jahre 1119 wird das Kloster "Reszoa" erstmals als eine Gründung des Bischofs Dietrich I. von Naumburg erwähnt. Nachdem die dort ansässigen Mönche das Kloster beinahe in den wirtschaftlichen Ruin trieben, übernahmen 1170 die Augustiner-Chorherren die Geschicke des Klosters, die jedoch bald schon durch Nonnen vom Orden des Heiligen Benedikt abgelöst wurden. Als Heinrich der Fromme das Kloster 1540 aufhob, fanden die herzoglichen Zwangsverwalter noch 10 Nonnen und 4 Laienschwestern vor, deren Zahl sich bereits durch den Einfluss der Reformation vermindert hatte. 1542 verfügte Herzog Moritz von Sachsen die Ausweisung der Nonnen und ließ die Güter des Klosters von einem Klosteramt verwalten. Kurfürst August verkaufte schließlich das eingezogene Klostergut 1554 als Lehngut an Martin von Miltitz. 1578 gelangte das Gut an Dr. Johann von Embden.
In der Folgezeit wurden die früheren Klostergebäude als Stallungen und Scheunen genutzt. Der Südflügel der Klausur diente als Herrenhaus, wurde um 1600 verlängert und in ein Schloss um- bzw. neugebaut. Im Ratskeller und in der Flurhalle des gegen Südwesten aus dem alten Klosterrechteck vorragenden Teils haben sich die Kreuzgratgewölbe mit ihren toskanischen Mittelsäulen aus dieser Zeit erhalten. Auf der Hofseite wurde zwischen Süd- und Westflügel ein außen achteckiger, innen rund als Wendelstein angelegter Treppenturm errichtet.
Nachdem Christian von Kiesewetter 1617 das Anwesen erwarb, belehnte Kurfürst Johann Georg I. 1622 den geadelten niederländischen Offizier Christoph von Felgenhauer mit dem Rittergut Riesa. Felgenhauer stand als kursächsischer Kammerrat und Direktor der Holzflöße beim Kurfürsten in hoher Gunst und nutzte diese auch im Interesse des damaligen Marktfleckens Riesa. Auf sein Gesuch hin verlieh der Kurfürst dem Ort 1623 die Stadtrechte mit dem Recht, zweimal im Jahr einen Markt abzuhalten. Doch die Gunst Felgenhauers bei seinem hohen Herrn wendete sich im Dreißigjährigen Krieg auch gegen ihn, als schwedische Truppen auf dem Gut ihres damaligen Feindes mit besonderer Wut hausten und dieses zwischen 1637 und 1645 dreimal plünderten und verwüsteten.
Der hundertjährige Besitz des Rittergutes Riesa durch die Familie von Felgenhauer endete 1722, als Heinrich von Felgenhauer das Gut an den Kammerherrn von Wehlen auf Martinskirchen verkaufte. Doch sein Sohn und Besitznachfolger konnte das Gut nicht halten. Es wurde unter Sequestration gestellt und erhielt in der Folgezeit immer wieder einen neuen Besitzer. Erst mit Ernst Robert Freiherr von Welck, der Schloss und Rittergut Riesa Anfang des 19. Jahrhunderts erwarb, zog wieder eine Kontinuität ein. Doch die Entwicklung der Stadt Riesa ging im 19. Jahrhundert weiter voran. Spätestens mit dem Bau der Ferneisenbahnlinie von Dresden nach Leipzig, die in Riesa die Elbe überquerte, avancierte das vorher landwirtschaftlich geprägte Riesa zu einem Verkehrsknotenpunkt und zu einem wichtigen Industriestandort. Veränderte rechtliche Verhältnisse führten zudem zur Abgabe von Machtbefugnissen durch die adligen Herrn. So erwarb die Stadtverwaltung Riesa 1874 vom letzten Schlossherrn, Heinrich Freiherrn von Welck, das Rittergut und baute das ehemalige Schloss zu ihrem Rathaus um.
Die heutige bauliche Situation geht auf das Ende des 19. Jahrhunderts zurück, als das Schloss zur Nutzung als Rathaus in Neorenaissanceformen umgestaltet und mit prächtigen Giebeln geschmückt wurde. Vor der imposanten Rathausfassade entstand im Bereich des früheren Schlossparks der heutige Marktplatz, dem u.a. die alte Abtei des Klosters weichen musste. Im Innern des Rathauses haben sich jedoch auch Reste der ehemaligen Klosteranlage erhalten. Besonders sehenswert ist der restaurierte Kapitelsaal zwischen den beiden Rathausflügeln. Der 9,2 x 11,5 m große, rechteckige Raum ist um 1440 entstanden und gehörte zum inzwischen größtenteils abgetragenen Westflügel des Klosters. Die Scheiderippen seiner vier auf einer Mittelsäule stehenden Kreuzgratgewölbe teilen sich an den Schmalseiten. Um 1600 erhielt der Kapitelsaal eine farbenfrohe Ausmalung, die in den letzten Jahren teilweise freigelegt werden konnte. In den Gewölbefeldern musizieren und tanzen Engel auf einer Himmelswiese. Der lange Zeit als Archiv eingerichtete Kapitelsaal wird heute vom Standesamt genutzt. Aus der Klosterzeit stammen auch noch der nördliche und östliche Flügel mit romanischen Mauerresten und kleinen rundbogigen Fenstern im oberen Wandbereich. Ein überwölbter stattlicher Saal vom 22 m Länge und 8,4 m Breite im Nordflügel diente als Malztenne.
Der Kern des Klostergutes bestand aus einem an vier Seiten bebauten Hof. Alte Pläne zeigen jedoch, dass sich an das Kloster gegen Westen noch ein zweiter, größerer Hof mit Wirtschaftsgebäuden, dem Sommerhaus und der Abtei anlegte. Dahinter befand sich bis zur heutigen Parkstraße ein Garten. Die Ecken des Klostergartens waren durch zwei Türme befestigt, von denen der östliche an der Jahna gelegen war, während der nordwestliche 1845 abgetragen und auf den Turm des Schlosses als Oberteil wieder aufgesetzt wurde. Der Wacht- oder Wasserturm, der zwischen der Jahna und dem Kloster steht, war früher mit dem Kloster durch eine starke Mauer verbunden. Seit 1589 wurde der Wehrturm als Wasserwerk genutzt. Das sogenannte Sommergebäude stand südlich des großen Hofes etwa in der Mitte des Rathausplatzes. An das Sommergebäude schloss sich im rechten Winkel nach Osten zu die ehemalige Abtei mit einem achteckigen Turm an. Beide Gebäude wurde 1886 beim Anlegen des Marktplatzes abgebrochen.
 
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Schloss Riesa
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