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Beschreibung
Das Gut Schirgiswalde ist anders, als andere Güter im Freistaat Sachsen: Schirgiswalde gehörte über Jahrhunderte zum Königreich Böhmen. Auch als das Markgrafentum Oberlausitz im Prager Frieden 1635 an Kursachsen gelangte, blieb das Gut Schirgiswalde eine Exklave Böhmens innerhalb des kursächsischen Territoriums. So konnte die böhmische Insel in der ansonsten evangelischen südlichen Oberlausitz im Rahmen der Gegenreformation mit Katholiken besiedelt werden. Diese Insellage der böhmischen Stadt blieb bis 1809 bestehen, dann wurde Schirgiswalde in Folge der Napoleonischen Kriege vom Königreich Sachsen militärisch besetzt. 1813 zog die sächsische Besatzung jedoch wieder ab und die staatliche Zugehörigkeit der Stadt blieb ungeklärt. Trotz langwieriger diplomatischer Verhandlungen zwischen Österreich und Sachsen über einen Gebietsaustausch konnte man keine Lösung für das Problem finden. Erst 1845 erfolgte die Übergabe Schirgiswaldes an Sachsen.
Schirgiswalde war im 17. Jahrhundert in zwei Grundherrschaften geteilt. Während der Oberhof bereits 1628 an das katholische Domstift St. Petri in Bautzen gelangte, ging der Niederhof erst 1703 an das begüterte Domstift. Damit waren die Grundherrschaften vereint. Der Oberhof avancierte zum neuen Herrschaftssitz, während der Niederhof aufgelassen wurde. Das Domstift Bautzen veranlasste eine kontinuierliche Bewirtschaftung des auf einer kleinen Anhöhe stehenden Gutes. Das sich südöstlich des Hofes befindliche domstiftliche Herrenhaus wurde um 1700 errichtet und hatte ursprünglich nur zwei Geschosse. Domdekan und Bischof Ignaz Bernhard Mauermann veranlasste jedoch 1833 einen Umbau des Gebäudes, bei dem das Herrenhaus ein zweites Obergeschoss bekam. Auch die Räume versah der Domdekan mit einer bemerkenswerten Ausstattung. Das nördliche Zimmer zeigt eine Tapete von Dufour & Leroy aus Paris und stellt die "olympischen Feste" der alten Griechen dar. Das Mittelzimmer im Obergeschoss erhielt die Tapete "Le Brasil", die von der bekannten Manufaktur Zuber & Cie im elsässischen Rixheim hergestellt wurde. Sie hebt sich durch ein buntes Farbenspiel deutlich vom Graun des nördlichen Zimmers ab. Ein fortlaufendes Panorama zeigt Szenen aus Südamerika, in denen die Ankunft der Segelschiffe, die Versklavung der Einheimischen durch die Kolonialherren und die Arbeit auf den Plantagen dargestellt werden. Ein weiteres Zimmer enthält eine Architekturtapete mit neugotischen Säulen und Maßwerkbögen in Grautönen auf hellblauem Untergrund sowie eine illusionistische Kassettendecke. Auch den Garten ließ der Dekan parkartig umgestaltet.
1921 verlor das Domkapitel St. Petri zu Bautzen seine frühere Bedeutung, als das 1559 aufgelöste Bistum Meißen mit Sitz in Bautzen wiedererrichtet wurde. Der letzte Bischof, der das Herrenhaus als bischöfliche Sommerresidenz nutzte, war Petrus Legge. Danach zog zunächst eine Kirchenmusikschule in das Herrenhaus ein, später ein Kindergarten, welcher jedoch 2006 in die sanierte Rittergutsscheune verlegt wurde. Seit dieser Zeit stand die Immobilie leer und da es keine geeignete kirchliche Verwendung mehr für das Haus gab, die eine notwendige Sanierung rechtfertigen würde, hatte sich das Domkapitel zum Verkauf des Objekts entschlossen.
Das seit März 2019 an einen neuen Eigentümer verkaufte und im Stil des Spätbarocks errichtete dreigeschossige Gebäude mit rund 600 Quadratmetern Nutzfläche und wertvollen Bildtapeten aus dem frühen 19. Jahrhundert steht auf rechteckigem Grundriss und besitzt ein abgewalmtes Mansarddach mit Dachgauben. Die Fensterfront misst sieben Fensterachsen auf der Parkseite und vier Achsen auf der Giebelseite. Das Haus wird über eine mittig angeordnete und gewölbte Eingangshalle betreten. Im ersten Obergeschoss befinden sich große Zimmer mit einfachen Stuckdecken; im zweiten Obergeschoss die Zimmer mit den denkmalgeschützten französischen Tapeten aus dem 19. Jahrhundert. Das Gebäude umgibt eine 10.800 Quadratmeter große Parkanlage mit hohen Bäumen und eine unter Denkmalschutz stehenden Marienstatue.
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| Herrenhaus Schirgiswalde |
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