Historisches Sachsen
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Taucha   
 
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Information

Landkreis Nordsachsen

Beschreibung
Im Nordwesten der mittelalterlichen Stadt Taucha erhebt sich auf einem Bergsporn oberhalb der Partheaue das "Rittergutsschloss" der Stadt. Bereits 974 wird in der Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg eine slawische Burganlage genannt, die als Kern der mittelalterlichen Stadtentwicklung anzusehen ist. Die als Rundling gestaltete Anlage hatte bereits durch einen Parthebogen eine natürliche Schutzlage. Ein bogenförmiger Halsgraben trennte sie zudem im Osten von der Flussterrasse ab. Die befestigte Innenfläche trug mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Ringwall, der in der zweiten Hälfte des 10. und im 11. Jahrhundert Mittelpunkt des Burgwards Taucha war. Die spätere Bebauung folgte dem Schema des Ringwalls. Im Norden und Osten war die Burg von einem mit Pfählen, Gräben und Wall befestigten Surburbium umschlossen. Unter Einbeziehung dieser Ansiedlungen ist die Stadtgründung um 1170 anzunehmen. Eine die gesamte Stadt umschließende Befestigung mit einer Stadtmauer ist der Zeit um 1220 zuzuordnen.
Mit der Aufhebung des Bistums Merseburg 981 geriet Taucha in den Besitz des Erzbistums Magdeburg und blieb auch nach Wiederherstellung des Bistums Merseburg dort. Es gehörte somit zu den Magdeburgischen Südposten in hochmittelalterlicher Zeit, die in ständiger Konkurrenz zum Markgrafen von Meißen standen. Der Magdeburger Erzbischof Wichmann von Seeburg versucht durch die Stadtrechts- und Zollverleihung in Taucha einen eigenen Handelsplatz als Gegenpol zum meißnischen Leipzig zu errichten. Die Behauptung der Landesherrschaft im Leipziger Raum durch Markgraf Dietrich den Bedrängten veranlasste den Magdeburger Erzbischof Albrecht I. (Albert) sogar, als sichtbaren Ausdruck der städtischen Eigenständigkeit die alte Burgwardbefestigung in Stein auszubauen und die Stadtmauer - angebunden an die Burg - zu errichten. Doch alle Maßnahmen nützten nichts, denn 1282 eroberte der Meißnische Markgraf Dietrich von Landsberg Taucha und ließ die Burg niederreißen. Mitte des 14. Jahrhunderts ging die Lehnsherrschaft über Taucha an die Markgrafen von Meißen, nachdem Erzbischof Otto seinen Verzicht auf die Stadt erklärt hatte.
Fortan bestimmten die Vorherrschaft Leipzigs und die wettinische Landeshoheit die weitere Entwicklung von Stadt und Rittergut. Gleichzeitig entwickelte sich aus der Burg der Erzbischhöfe ein Herrensitz des niederen Adels. Bestimmende Adelsfamilie war die Familie von Haugwitz, die 1437 mit Taucha belehnt wurde. Dieses weit verzweigte aus dem Meißnischen stammende alte Adelsgeschlecht war seit dem Mittelalter in Sachsen, Schlesien, Böhmen, Mähren, der Grafschaft Glatz sowie in der Lausitz und später auch in Ostpreußen ansässig. Nach Hans von Haugwitz erhielt sein Sohn Wilhelm der Ältere Taucha. Doch der "Wilde Haugwitz" brannte selbst sein Anwesen nieder und fiel so in Ächtung und Enteignung. Seine Nachfolge trat 1540 sein Vetter Wilhelm der Jüngere von Haugwitz aus dem Hause Hirschstein an, der das Herrenhaus, Scheunen und Stallanlagen nach dem Brand wieder aufbaute. Große Freude konnte der neue Besitzer jedoch nicht empfinden, denn trotz seines hohen Ansehens bei Hofe waren Streitigkeiten mit der Stadt Leipzig immer wieder ein Ärgernis. Schließlich gab er Mitte des 16. Jahrhunderts auf und verkaufte Taucha. Über Mittelsmänner gelangten das Rittergut und die Grundherrschaft an den Rat der Stadt Leipzig, der das Gut an bürgerliche Landwirte verpachtete. Mit einer kurzen Ausnahme im 17. Jahrhundert blieben Rittergut und Ländereien bis 1945 in der Hand der Stadt Leipzig.
Obwohl sich das Rittergut Taucha nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs noch im Besitz der Stadt Leipzig befand, wurden es 1946 an Neubauern aufgeteilt. Den Gutshof nutzte ab 1952 eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft, die den Landwirtschaftsbetrieb jedoch 1990 einstellte. Mit der Übernahme des gesamten Komplexes durch die Stadt Taucha stand die Frage nach der weiteren Nutzung der Gebäude. Doch die Frage konnte schnell beantwortet werden: Der 2000 neu gegründete Förderverein Schloss Taucha e.V. packte entschlossen an und hat seit dem in unzähligen Arbeitsstunden und unter Bereitstellung von Fördermitteln große Teile der Gebäude saniert und nutzbar gemacht. Heute befinden sich in den Gebäuden der Sitz des Fördervereins sowie des Spielmannszuges Taucha, Ausstellungsräume des 1. Deutschen Rittergutsmuseums, Diensträume der Stadtverwaltung sowie Veranstaltungsräume, wie die Kulturscheune und der Historische Weinkeller.
Das alte Rittergut stellt sich heute als ein von eingeschossigen Wirtschaftsgebäuden umgebener ovaler Hof dar, dessen Scheunen und Ställe überwiegend um das Jahr 1542 errichtet, seit dem jedoch mehrfach umgebaut wurden. Süd- und Westflügel sind bogenförmig angeordnet, der Nordflügel schließt den Wirtschaftshof gerade ab. An der Südwestseite erhob sich ehemals ein Turm, den man jedoch 1819/20 abtrug. Im Osten befindet sich vor dem ehemaligen Pferdestall der 15 Meter tiefe Brunnen. Besonders bemerkenswert ist ein heute als Weinkeller bezeichnetes Tonnengewölbe unter der westlich gelegenen Scheune. Der Weinkeller ist neben dem Brunnen das einzige noch original erhaltene Bauwerk, das wohl 1542 unter Wilhelm von Haugwitz dem Jüngeren entstand. Mehrere Meter unter der Erde diente er einst als Lagerkeller für Gepökeltes und Geräuchertes sowie für Wein- und Bierfässer. Nach umfangreichen Sanierungsarbeiten konnte der Weinkeller 2007 im rustikalen Stil für gesellige Abende neu eröffnet werden. Das Herrenhaus, ebenfalls an der Ostseite und unmittelbar neben der Zufahrt zum Hof gelegen, sieht nicht wie ein herrschaftliches Wohngebäude aus. Sein älterer Teil, ein eingeschossiges Bauwerk mit Mansardwalmdach und stehenden Gauben, hat nur fünf Fensterachsen und trägt über der Haustür das Leipziger Stadtwappen als Hoheitszeichen. In ihm lebten die Pächter, die den Landwirtschaftsbetrieb führten. An das alte Herrenhaus fügte man 1899 außerhalb des Hofes einen "Neuen Anbau" als vorderen Teil an, der sich auf Grund der Hanglage am Schlossberg über einem hohen Sockel erhebt. Ihm folgen zwei Geschosse und ein Walmdach. Auf der zur Stadt gerichteten Hauptschauseite zeichnet den rechteckigen Anbau ein geschwungener neobarocker Giebel über der Mittelachse aus. Vor dem Rittergut wurde der historische Weinberg aus der Zeit vor 1600 wieder mit Reben bepflanzt.
 
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Rittergut Taucha
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