Historisches Sachsen
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Zschorna (Thiendorf)   
 
Allgemeines
 
Information

Landkreis Meißen

Beschreibung
Am Rande des 315 ha großen Zschornaer Teichgebietes befindet sich ein großes, gelb-braunes Schloss im Dornröschenschlaf. Seit 1990 weitgehend leerstehend wartet es noch immer auf seine Erlösung. Investitionspläne, um die Jahrtausendwende ersonnen, haben sich für das Schloss noch immer nicht verwirklicht. Dabei besitzt das Haus eine lange Geschichte, geprägt von bekannten und einflussreichen sächsischen Adligen.
Urkundlich erschien Zschorna erstmals im Jahre 1350, als ein Herrensitz des "Apecz de Schornow" im Lehnbuch Friedrichs des Strengen, Markgrafen von Meißen und Landgrafen von Thüringen, Erwähnung findet. Der aus einem alten meißnischen Uradelsgeschlecht stammende Hugolt von Schleinitz kam am Ende des 15. Jahrhunderts in den Besitz von Zschorna, brach alte Gebäude ab und errichtete ein Vorwerk. Auf den Resten der ehemaligen Wasserburg ließ Christoph von Beschwitz 1537 das heute noch in seinen Grundzügen vorhandene Renaissanceschloss auf einem rechteckigen Grundriss erbauen. Die Familie von Beschwitz ist ein meißnisches Adelsgeschlecht, das 1635 in den Reichsfreiherrenstand erhoben wurde.
Im 17. Jahrhundert bestimmte die Familie von Lüttichau die Entwicklung des Rittergutes. Das meißnische Adelsgeschlecht wurde erstmalig im Jahre 1355 mit Heinrich von Lutchow urkundlich erwähnt. Die Tochter des kursächsischen Kanzlers Wolf Siegfried von Lüttichau, Perpetua Margaretha, vermählte sich 1664 mit Gottfried Hermann von Beichlingen, kursächsischer Oberhofrichter zu Dresden, Konsistorialpräsident sowie Hof- und Justizrat. Er war Herr auf den Gütern Zschorna, Dallwitz, Baselitz und Dobritzchen, welche seine Frau in die Ehe einbrachte bzw. er von seinem Schwiegervater kaufte. Aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor, darunter auch der spätere Großkanzler Wolf Dietrich von Beichlingen.
Wolf Dietrich Graf von Beichlingen war eine schillernde Gestalt am sächsischen Hof. Er erlebte innerhalb kürzester Zeit nicht nur eine steile politische Karriere, sondern auch seinen tiefen Absturz. Als einer der engsten Vertrauten des Kurfürsten Friedrich August I., den er 1697 bei der polnischen Thronbewerbung unterstützte, bot man ihm 1700 das Amt des Großkanzlers im Kurfürstentum Sachsen und Königreich Polen an. Doch der Graf von Beichlingen hatte sich aufgrund seiner Politik auch Feinde gemacht, die heimlich gegen ihn Beweise sammelten und schließlich dem Kurfürsten und König vorlegten. Auf der Höhe seiner Macht fiel er beim sächsischen Kurfürsten in Ungnade und wurde Anfang April 1703 unter dem Vorwurf der Veruntreuung und verräterischer Umtriebe auf der Festung Königstein inhaftiert, kam jedoch 1709 wieder auf freien Fuß. Der Graf hatte zwar seinen politischen Einfluss verloren, nicht aber sein Vermögen und so gehörte er auch weiterhin zu den reichsten Grundbesitzern in Sachsen. Er zog sich nach Zschorna zurück, wo er 1725 auch starb.
Nachfolgende Besitzer des Rittergutes waren August von der Sahla und der kursächsische Kammerherr Carl Friedrich von Erdmannsdorf. Ihm folgte im Jahre 1800 der Oberforst- und Wildmeister Heinrich Ludwig von Erdmannsdorf. Dessen jüngster Sohn, Heinrich von Erdmannsdorf, war der letzte Schlossbesitzer aus der Familie. Mit Hauptmann Friedrich August von Boxberg, der das Rittergut 1852 erwarb, setzte eine neue Bauperiode ein. Er ließ das Schloss 1853 nach Plänen des Landbaumeisters Karl Moritz Haenel umgestalten. Zuvor hatte sich Haenel bereits durch andere Bauwerke einen Namen gemacht, so durch den Bau des Gebäudes der königlich-sächsischen Forstakademie in Tharandt oder die Vollendung der Gemäldegalerie des Zwingers, nachdem Gottfried Semper wegen seiner Teilnahme an der Revolution von 1848 aus Dresden fliehen musste. Im Jahr 1862 wurde Haenel zum Oberlandbaumeister ernannt. Haenel ergänzte das Schloss um einen dreigeschossigen Seitenflügel im Nordwesten, der sich nur wenig vom älteren Baubestand unterscheidet. Der niedrige Salonanbau an der Ecke des Flügels wurde erst später hinzugefügt. Unter der Leitung des Hofbaurats Gustav Frölich aus Dresden gestaltete man 1909 zudem verschiedene Räume im Schloss um und modernisierte diese.
Besondere Bekanntheit erlangte auch Ida Wilhelmina von Boxberg, die Schwester von Friedrich August von Boxberg. Sie gilt als die erste Archäologin Sachsens, lebte und wirkte viele Jahrzehnte in Frankreich und förderte somit den Austausch von archäologischen Informationen zwischen den beiden Ländern. Zunächst beschäftigte sie sich mit Kunst, der Aquarell- und Glasmalerei und dem Modellieren. Später widmete sie sich autodidaktisch der prähistorischen Erforschung der Umgebung ihres jeweiligen Wohnsitzes. Ihre ersten Ausgrabungen führte sie mit ihrem Bruder Friedrich August zwischen 1858 und 1860 auf dem Gelände von Schloss Zschorna durch. 1873 wurde Ida von Boxberg als Mitglied in die renommierte Deutsche Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte in Berlin aufgenommen. Während ihrer Zeit in Frankreich besuchte Ida von Boxberg immer wieder Deutschland, bis sie 1883 endgültig in ihre Heimat nach Sachsen zurückkehrte und auf das Wasserschloss Zschorna zog. Dort untersuchte sie 1886 Urnengräber auf dem Knochenberg bei Niederrödern und die Urnenfelder bei Freitelsdorf. In Dobra erforschte sie Urnengrabstätten aus der Jungbronzezeit und bei Tauscha ein Gräberfeld aus der späten Bronzezeit. Ihre umfangreiche Sammlung an Fundobjekten brachte Ida von Boxberg in das Schloss Zschorna. Mit dem Verkauf des Schlosses Zschorna 1936 wurden ihre Bestände in die Schulsammlung von Würschnitz bei Thiendorf aufgenommen. 1967 übernahm diese das Landesmuseum für Vorgeschichte in Dresden.
Nach dem Verkauf des Schlosses nutzte der Reichsarbeitsdienst das Gebäude als Führerschule und Arbeitsdienstlager für Mädchen. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zog eine sowjetische Kommandantur im Schloss ein. Zwischen 1947 und 1949 nutzte man das Hauses als Landespionierleiterschule und durch die FDJ. Bis 1990 diente es als Ferienlager des Stahlwerkes Riesa. Dann stand das Gebäude leer. Hoffnung keimte wieder auf, als 1999 zwei Unternehmer das Grundstück erwarben, doch ihre Investitionspläne für das Schloss verwirklichten sich nicht.
Das heutige Erscheinungsbild des denkmalgeschützten Schlosses geht zurück auf den Renaissancebau, der 1537 auf den Grundmauern der alten Wasserburg errichtet wurde. Der von einem Wassergraben umgebene dreigeschossige Putzbau mit Walmdach ist recht einfach gehalten. Sein Grundriss besteht aus dem rechteckigen Renaissancebau von 1537, einem nordwestlich vorgelegten, rechteckigen Flügel aus dem Jahre 1853 und dem daran angrenzenden achteckigen Salonanbau. Durch ein Tor mit kleinem, kapellenartigem Gebäude mit Satteldach und Dachreiter betritt man den Schlossbereich. Eine zweibogige, steinerne Brücke läuft auf den Eingang zu und erschließt den engen, zellengewölbten Eingangsbereich. Über dem Verdachungsgesims der Eingangstür war eine Sandsteinplatte mit den Wappen derer von Lüttichau und von Bock vermauert. Neben der Tür befanden sich links und rechts je eine rechteckige Nische, darin die Wappen zahlreicher adliger Personen aus der wechselvollen Geschichte des Hauses. Leider sind die Wappen und verschiedene Inschriftentafeln nach 1945 abgeschlagen worden. Vom Vorraum führt innen eine Wendeltreppe, von außen an den schräg liegenden Fenstern zu erkennen, in das Obergeschoss. Über dem Sims wächst die Treppe zu einem achteckigen Turm aus dem Dach und endet in einer geschwungenen, schiefergedeckten Haube mit Wetterfahne.
Um das Schloss herum legt sich ein weitläufiger Park, der bis fast zum Brettmühlenteich reicht. Eine Mischung aus schattigen Gehölzpartien, sonnenbeschienenen Wiesenflächen, Uferbereichen und reizvollen Sichtachsen lädt zu Spaziergängen und ausgedehnten Wanderungen unter Einbeziehung des gesamten Zschornaer Teichgebietes ein.
 
Bildergalerie
Schloss Zschorna
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