Historisches Sachsen
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Brandis   
 
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Information

Landkreis Leipzig

Beschreibung
Das Brandiser Stadtschloss - ein Barockschloss mit Schlossgarten in unmittelbarer Nähe zum historischen Marktplatz der Stadt Brandis - gehört zu den größten Barockanlagen im Leipziger Land. Ein Torhaus führt in den Schlossbezirk, der deutlich größer ist, als der angrenzende dreieckige Marktplatz, und kündet so vom Machtbewusstsein seiner Besitzer. Dabei ist das stattliche Schloss mit dem großzügigen Wirtschaftshof noch nicht einmal vollendet, denn ein zweigeschossiger Seitenflügel befindet sich zwar auf der Ost- jedoch nicht auf der Westseite. Es ist der Symmetrie wegen zu vermuten, dass ursprünglich auch hier ein spiegelgleicher Anbau geplant war.
Die Ortsgründung geht auf ein Herrengeschlecht zurück, dass im 12. Jahrhundert wohl im Auftrag der Erzbischöfe von Magdeburg neben einem älteren Siedlungskern die Marktsiedlung Brandis angelegt hat. Bereits 1191 trat mit Gozwinus de Brandez ein Mitglied der als siedelführend anzunehmenden Herren von Brandis in einer Urkunde des Merseburger Bischofs als Zeuge auf. Doch zwischen den Städten Leipzig, Wurzen und Grimma hatte Brandis wenig Entfaltungsmöglichkeiten und bliebt in seiner Stellung zu den anderen Städten zurück. Nur der Herrensitz entwickelte sich zu einem bedeutenden Rittergut. Professor Gerhard Billig und Heinz Müller gehen davon aus, dass eine ursprüngliche Wasserburg auf einer verschwundenen Insel westlich des ehemaligen Rittergutes, etwa dort, wo sich heute der Edeka-Markt befindet, stand. Sie räumen jedoch auch ein, dass es keine konkreten Belege dafür gibt, da die Wasserflächen verfüllt sind und die Umgebung zwischenzeitlich überbaut ist. Lediglich in den Meilenblättern von Sachsen aus der Zeit um 1800 sind Teiche festgehalten, die den Schutz einer Burg durch Gewässer belegen. So bleibt der genaue Standort eines ersten Herrensitzes weiterhin unklar.
Klarer ist die Besitzfolge der adligen Herrn auf Brandis, denn seit 1511 sind die Besitzer in ununterbrochener Reihenfolge bekannt. Nach den Herrn von Brandis, die im 14. Jahrhundert abwanderten, folgten die Adelsfamilien von Heynitz, von Bünau, von Ende, von Körbitz, Löser, von Lüttichau und aus dem Winkel. Schließlich erwarb 1690 der kurfürstlich-sächsische Kammerherr und Obersteuerdirektor Kraft Burchard von Bodenhausen das Rittergut, das vier Generationen im Besitz der Familie von Bodenhausen bleiben sollte. Das erstmals im 12. Jahrhundert genannte ursprünglich niedersächsische Adelsgeschlecht gelangte in Hessen, Braunschweig, Anhalt, Sachsen und Preußen zu Besitz und Ansehen. Doch die Freude über den Neuerwerb währte nicht lange, denn am 11. Mai 1696 brach in Brandis ein Feuer aus, das 42 Häuser, die meisten Gebäude der Rittergutes, das Rathaus, die Pfarre und die Schule in Schutt und Asche legte. Selbst die Kirchturmspitze brannte bis zum Dach ab.
Den Wiederaufbau des Gutshofes übernahm Otto Wilhelm von Bodenhausen, Sohn des 1716 verstorbenen vorherigen Besitzer. Otto Wilhelm war königlich-polnischer und kurfürstlich-sächsischer hochbestallter Kreishauptmann zu Leipzig und Hofrichter zu Wittenberg sowie Inspektor der Landesschule Grimma. Obwohl die Baupläne nicht überliefert sind, wird der Entwurf für den Schlossneubau durch stilistische Vergleiche dem sächsischen Landbaumeister David Schatz zugeschrieben. Schatz gehörte zu den großen Architekten und Gartenarchitekten des sächsischen Barocks und brachte als Schüler des Zwingerbaumeisters Pöppelmann den Dresdner Barockstil nicht nur nach Leipzig, sondern auch in die ländlichen Regionen des Kurfürstentums.
Das Schlossgebäude auf rechteckigem Grundriss besteht aus einem dreigeschossigen älteren Bau und einem sich nach Osten anschließenden zweigeschossigen Seitenflügel. Den erst später hinzugefügten Seitenflügel begrenzt ein etwas hervortretender Kopfbau. Wenngleich das Schlossgebäude durch diesen Flügel aus der Symmetrie geriet, kam ein möglicher Westflügel jedoch nicht zur Ausführung. Die Bau- und Gliederungselemente gestaltete David Schatz aus Rochlitzer Porphyr. Sowohl auf der Garten- als auch auf der Hofseite gliedert ein dreiachsiger Mittelrisalit mit Dreiecksgiebel den elfachsigen Hauptteil. Aufwändig geformte Fensterverdachungen und lebhaft bewegte Stuckornamente um die Fenster betonen die Mittelrisalite. Die Eckpilaster sind mit Rankenwerk verziert. In den Giebelfeldern weisen zwei schrägliegende Kartuschen mit Wappen auf den Bauherrn Otto Wilhelm von Bodenhausen und seine Ehefrau Hedwig Elisabeth aus dem Winkel hin. Ein hohes Mansardwalmdach mit stehenden Gauben unterstreicht den herrschaftlichen Anspruch. Auf der Gartenseite wölbt sich vor der mittleren Fenstertür ein Balkon. Der Haupteingang des Schlosses befindet sich auf der Hofseite. Durch ihn gelangt man über eine in drei Joche geteilte Gewölbehalle in den dahinterliegenden Gartensaal. Von diesem führt eine breite Freitreppe zum Schlossgarten. Rechts vom Eingang erschließt ein seitlich angeordnetes Treppenhaus das Obergeschoss mit dem Festsaal. In den Schlossräumen haben sich Stuckdecken und Kamine erhalten.
Der rechteckige Gutshof vor dem Schloss wird rechts und links von langgestreckten Wirtschaftsgebäuden mit pavillonartigen Mitteltrakten umschlossen, wobei sich im westlichen Mitteltrakt eine Durchfahrt befindet. Nördlich begrenzt eine Mauer den Gutshof. Das Torhaus mit der Hauptzufahrt vom Marktplatz aus steht in der Nordwestecke.
Die Ära der Familie von Bodenhausen auf Brandis ging zu Ende, als Leberecht Gottlob von Bodenhausen 1818 das Rittergut an Johanna Friederike Eleonore Schirmer verkaufte. Nach ihrem Tod erbte Ernestine Friederike, die mit David Friedrich Christian Freiherrn von Pentz verheiratet war, den Besitz. Das uradlige mecklenburgischen Geschlecht Pentz war in Hamburg, Holstein, Dänemark, Kurland, Pommern und Württemberg ansässig. Durch die Heirat mit Ernestine Schirmer wurde der königlich-sächsische Major der Kavallerie nun Herr auf Brandis. 1854 ließen sich die Eheleute im Schlossgarten ein klassizistisches Mausoleum vom Leipziger Bauinspektor Kahnitz erbauen, in dem sie auch beigesetzt wurden. Da das Paar keine Kinder hatte, trat Friedrich Eduard Gotthard Freiherr von Pentz das Erbe an. Unter den Freiherren von Pentz wurde der Schlossgarten wesentlich erweitert und teilweise im Landschaftsstil umgestaltet.
Letzter Eigentümer der Schlossanlage war Major Otto Busse. Nach der Enteignung des Rittergutes diente das Schloss zunächst als Militärkommandantur. Später zogen eine Finanzschule und ein Alten- und Pflegeheim ein. Nach der Schließung des Alten- und Pflegeheims stand das Schloss mehrere Jahre leer, bis 2006 ein Investor das Schlossensemble erwarb, der die zwei Seitenflügel in Eigentumswohnungen umwandelte. Das Schloss dient heute als Veranstaltungsstätte.
 
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Schloss Brandis
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