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Beschreibung
Noch sehen einige Gebäude des ehemaligen Rittergutes etwas heruntergekommen aus, Scheunen sind zerfallen, Wege zugewachsen. Doch es regt sich seit einigen Jahren etwas im Talgrund des Jahnabaches unweit von Riesa. 2001 hat die Lebenstraum Gemeinschaft Jahnishausen das ehemalige Volksgut übernommen, um ihr generationenübergreifendes Wohn- und Lebensprojekt in die Tat umzusetzen. Das inzwischen restaurierte Torhaus wird wieder bewohnt. In anderen Gebäuden des Gutshofes sollen Ateliers und Werkstätten entstehen. Der Schlosspark neben dem Gutshof ist durch viele fleißige Hände gepflegt worden und lädt mit seinem erneuerten Teepavillon, dem Denkmal zur goldenen Hochzeit von König Johann und Königin Amalie von Sachsen im Jahre 1872 und verschiedenen Sitzgelegenheiten zum Verweilen ein.
Die Schlossanlage in Jahnishausen bezieht sich auf eine mittelalterliche Burggründung wohl vermutlich aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Bis heute besteht jedoch Unklarheit darüber, wo sich die ursprüngliche Wasserburg befunden haben könnte. Vermutungen, die Wasserburg könnte auf der in unmittelbarer Nähe des Schlosses liegenden Insel gestanden haben, sind nicht bewiesen, da archäologische Untersuchungen fehlen und auch eine Neuanlage der Insel als gestalterisches Element für den Schlosspark in Betracht kommt. Da heute keine Unterlagen zur Anlage des Landschaftsparks mehr vorhanden sind, muss diese Frage weiterhin unbeantwortet bleiben. Nach einer anderen Theorie könnte die ursprüngliche Burganlage aber auch im Bereich des heutigen Ostflügels des Schloss zu suchen sein. Erdreichuntersuchungen zwischen Schloss und den Gutsgebäuden stützen die Annahme einer ursprünglich von Wasser umgebenen Anlage, deren Gräben später zugeschüttet wurden.
Watzschwitz, wie der Ort früher hieß, wurde 1334 erstmals in einem Steuerverzeichnis erwähnt. 1431 erhielt Bernhard von Canitz die Güter seines verstorbenen Bruders Heinrich zu Lehen. Danach war das mächtige meißnische Uradelsgeschlecht von Schleinitz, dem auch noch die Güter Seerhausen und Ragewitz gehörten, im Besitz von Watzschwitz. 1501 teilten Dietrich und Johann (Jhan) von Schleinitz ihr gemeinsames Erbe. Johann übernahm den für die Erbteilung durch Erweiterung des Vorwerkes Watzschwitz neu geschaffenen Güterkomplex, der bereits zwei Jahre später als Herrensitz genannt wurde. Der Gutsherr, der bis 1510 meißnischer Landvogt mit Sitz in Pirna war, verlieh auch dem Ort seinen heutigen Namen Jahnishausen (Jhan vonn Sleinitz zcu Jhanshaußen). 1526 starb er ohne männlichen Erben. Den Besitz übernahm sein Bruder Dietrich von Schleinitz auf Seerhausen, der Jahnishausen weiter in der Familie halten konnte. Unter einem anderen Dietrich von Schleinitz begannen die verheerenden Verwüstungen im Dreißigjährigen Krieg. Nach dem Tod Dietrichs 1637 erbte sein Sohn Wolf Dietrich von Schleinitz das Rittergut. Doch auch unter ihm folgten 1640 weitere Zerstörungen durch schwedische Truppen, die schließlich nach erneuten Brandschatzungen den Oberst Heinrich von Schleinitz zwangen, Jahnishausen zu verkaufen.
So wurde der Rittmeister August von Kötteritz von 1645 bis 1672 Herr über Schloss und Rittergut Jahnishausen. Kötteritz hat in seiner Laufbahn den drei Königen Christian XVII. von Dänemark, Ludwig VIII. von Frankreich und Gustav Adolf von Schweden gedient und konnte es sich leisten, neben dem Wiederaufbau des Gutes dem Ort auch eine neue Kirche zu finanzieren. Nach dem Tod seines Sohnes Friedrich August von Kötteritz erwarb Marie Sophie Freifrau von Reichenbach das Anwesen. Als Tochter des kurfürstlichen Geheimrates Heinrich von Friesen auf Schönfeld wurde sie bereits früh mit dem wesentlich älteren Christoph Heinrich Freiherr von Reichenbach vermählt. Bereits wenige Wochen nach der Hochzeit starb ihr Mann, doch eine großzügige Erbschaft ermöglichte ihr den Kauf des Rittergutes Jahnishausen. Freifrau von Reichenbach vererbte 1718 den Besitz an ihren Cousin August Heinrich Graf von Callenberg, dem weitere adlige Familien folgen sollten.
Eine neue Zeit brach an, als Christian Gottlieb Graf von Hohenthal auf Hohenprießnitz den gesamten Besitz an Prinz Johann von Sachsen verkaufte. Das bereits unter dem sächsischen Kabinettsminister Georg Wilhelm Graf von Hopfgarten wiederhergestellte Schloss mit seinem Landschaftspark bot dem Prinzen und seiner Ehefrau Amalie Auguste von Bayern die Gelegenheit, sich von den höfischen Verpflichtungen fernzuhalten und in eine Privatspäre zurückzuziehen. Prinz Johann betrieb seine agrarökonomischen Studien, erforschte und übersetzte die Schriften Dante Alighieris und diskutierte mit Künstlern und Gelehrten literarische und politische Fragen. Völlig überraschend musste Prinz Johann 1854 die Regierungsgeschäfte übernehmen, als sein Bruder König Friedrich August II. verunglückte. Damit war auch die Zeit der regelmäßigen längeren Aufenthalte vorbei. Als König konnte Johann Jahnishausen nicht mehr so häufig besuchen. Das Rittergut wurde verpachtet, blieb jedoch im Besitz des Königshauses.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Rittergut entschädigungslos enteignet und im Zuge der Bodenreform zunächst in ein Staatsgut, später in ein Volksgut umgewandelt. Bis 1969 diente das Schloss Wohnzwecken, einem Kindergarten, Hort und für Kulturveranstaltungen. Ein Dachbrand zerstört jedoch den östlichen Gebäudeflügel. Das Schloss wurde zur Ruine. Eine zwischenzeitliche Notsicherung in den 1990er Jahren mit Mitteln der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und Fördermitteln des Freistaates Sachsen verhinderte einen noch größeren Verfall. Erst mit der Lebenstraum Gemeinschaft Jahnishausen zog wieder Zuversicht ein. Der 2003 gegründete Kultur- und Förderverein "Accademia Dantesca Jahnishausen e.V." hat bereits Maßnahmen zur Wiederherstellung des wertvollen Denkmals eingeleitet und erste Schlossfeste und Konzertaufführungen organisiert.
Betritt man das weitläufige Gutsgelände durch das Torhaus, fallen sofort die verstreut liegenden Stallungen und Scheunen auf. Linkerhand ist das Schloss kaum als solches zu erkennen, fehlen doch auffällige Schmuckelemente, wie sie andere Schlossanlagen oft besitzen. Das einfach gehaltene Anwesen besteht aus zwei leicht im Winkel angeordneten, zweigeschossigen Flügelbauten mit Satteldach. Schloss Jahnishausen ist mehrfach zerstört und wiedererrichtet worden und hat in seiner Geschichte zahlreiche Umbauten erfahren. Cornelius Gurlitt ging davon aus, dass der Ostflügel ein höheres Alter aufweist, als der Westflügel. Die überwölbten Erdgeschossräume sollen mindestens aus dem 16. Jahrhundert stammen und sehr wahrscheinlich die ältesten Bestandteile des Schlosses enthalten. Bis auf eine Halle mit Kreuzgratgewölbe ist das Erdgeschoss des Ostflügels mit Tonnengewölben überspannt. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde der Ostflügel jedoch komplett erneuert. Seine Dachkonstruktion ließ sich dendrologisch auf ca. 1782 datieren. Besonders imposant ist die ehemalige katholische Schlosskapelle im Erdgeschoss des Ostflügels. Die tonnengewölbte, im Stile des Barocks mit Zierfeldern und einem Wolkenhimmel ausgemalte Schlosskapelle ist wahrscheinlich während einer Neugestaltungsphase des Schlosses durch König Johann von Sachsen in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden. Da die katholische königliche Familie nicht am Gottesdienst der Jahnishauser und Pausitzer Kirche teilnahm und die Kapelle auch offiziell nicht geweiht ist, wurde sie wahrscheinlich als privater Andachtsraum genutzt. Ihre Ausstattung hat sich jedoch nicht erhalten.
Der Westflügel mit der Toreinfahrt ist zusammengesetzt aus einem ursprünglich kürzeren Bau und dessen Verlängerung um eine Fensterachse im 18. Jahrhundert. Nach Abriss der an das Schloss angesetzten Wirtschaftsgebäude wurde der Westflügel in seiner Länge dem Ostflügel angeglichen. Beeindruckend ist der Dachstuhl über dem älteren Gebäudeteil, der nach dendrologischen Untersuchungen um 1613 entstand. Der Bau selbst ist jedoch dem 17. Jahrhundert, also der Zeit der schleinitzschen oder kötteritzschen Gutsherrschaft zuzuordnen. Im Erdgeschoss tritt eine kreuzgratgewölbte Halle mit gequaderten Sandsteinsäulen besonders hervor. Ihre östliche Wand ist schräg nach innen versetzt, um Raum für die Durchfahrt zu schaffen. Im Obergeschoss beeindrucken Reste einer mit floralen Motiven bemalten Holzbalkendecke.
Die heutige Gestalt des Schlosses entstand vorwiegend durch Baumaßnahmen unter Johann von Sachsen. Neben der Einrichtung der Schlosskapelle in einem ehemaligen Wirtschaftsraum gaben auch ein hofseitiger Anbau, das sogenannte Königszimmer, sowie zwei parkseitige Altane dem Gebäude mehr Schlosscharakter. Das Königszimmer wurde in den späten 1940er Jahren wegen Baufälligkeit abgebrochen, ebenso der auf der Parkseite liegende Wintergarten zwischen Mittelgiebel und Treppenturm.
Hinter dem Rittergut schlängelt ein Nebenarm des Jahnabaches durch den Schlosspark. Der schon 1717 erwähnte Park mit seinen stillen Wegen und mächtigen Bäumen erhielt seine Gestalt als englischer Landschaftsgarten weitgehend durch König Johann zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Besonders sehenswert sind ein kleiner Teepavillon, der im Stil einer chinesische Pagode gestaltet ist und auf einer Insel im Schlossteich steht, die sogenannte "Blumenschale" aus Rochlitzer Porphyrtuff, ein Geschenk der Amtshauptmannschaft Rochlitz anlässlich der goldenen Hochzeit von König Johann und Königin Amalie von Sachsen am 10. November 1872 sowie ein über 200 Jahre alter Ginkgobaum. Für Fotografien besonders beeindruckend ist der Baum von Oktober bis November, wenn sich seine Blätter leuchtend goldgelb färben und die einmalige Blattsilhouette noch prägnanter in Erscheinung tritt.
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Bildergalerie |
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Schloss Jahnishausen |
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