Historisches Sachsen
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Seerhausen   
 
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Information

Landkreis Meißen

Beschreibung
Viel ist nicht vom Schloss Seerhausen übrig geblieben: ein überwachsener Ruinenhügel und ein Gedenkstein. Wandert man heute durch den ehemaligen Schlosspark, kann man trotzdem noch etwas von der Gartenkultur erahnen, die sich die Schlossherren hier erschaffen haben. Doch das Schloss wurde 1949 gesprengt, um Baumaterial für die Siedlungshäuser im Ort zu gewinnen und um die Erinnerung an die adligen Herren auszulöschen.
Dabei lässt sich die Existenz eines Ritterguts im Ort weit zurückverfolgen. Der Rittersitz ist aus einer mittelalterlichen Wasserburg hervorgegangen, die bereits 1170 als Herrensitz eines Reinhardus de Serusne im Urkundenbuch des Hochstifts Naumburg genannt wurde. Aus dem Jahr 1224 ist als Besitzer des Ritterguts ein Ritter Ulrich von Seeruse bekannt. Um 1400 gehörte Seerhausen, wie auch Schleinitz, Schieritz, Jahnishausen und Ragewitz, dem einflussreichen Adelsgeschlecht von Schleinitz, das in der Mark Meißen sehr begütert war. 300 Jahre konnten die Schleinitze den Besitz halten. In diese Zeit fiel auch der Bau der herrschaftlichen Kapelle unter Johann Georg von Schleinitz in den Jahren 1677 bis 1679. Die letzte Schlossherrin der Familie war Charlotte Johanna von Schleinitz, Ehefrau von Christoph Dietrich Bose dem Jüngeren, der zum Ende des 17. Jahrhunderts auch den Schlosspark von Seerhausen nach holländischer Art anlegen ließ. Außerhalb des Grabens, der das Schloss umgab, wurde ein von Orangenbäumen, Blumenbeeten und Wasserbecken belebtes Parterre angelegt. Pavillons und Ruhebänke wurden aufgestellt; Alleen durchschnitten das Gelände. Ein zweiter Wassergraben umschloss den gestalteten Raum. Der Garten, der seinerzeit zu den schönsten sächsischen Gartenschöpfungen gehörte, wurde im 18. Jahrhundert im französischen Stil umgestaltet.
1729 gelangte Seerhausen über die Freifrau von Meusebach an den Hof- und Justizrat Thomas Fritsch, Sohn eines Leipziger Buchhändlers. Der 1730 geadelte und 1742 in den Freiherrenstand erhobene Fritsch war ein sächsischer Staatsmann, der sich besondere Verdienste als Vermittler im Siebenjährigen Krieg erworben hatte. Er suchte u.a. den Kontakt zu König August III. und Premierminister Heinrich von Brühl, die sich während des Krieges nach Warschau zurückgezogen hatten, und schilderte die rücksichtslose Besetzung Kursachsens durch die preußischen Truppen sowie die Not des Landes. Zudem drang er auf rasche Maßnahmen, um den völligen wirtschaftlichen Zusammenbruch Kursachsens abzuwenden. Der König ernannte Fritsch daraufhin im April 1762 von Warschau aus zum Präsidenten der Restaurationskommission. Während der Arbeiten der Kommission bewährte sich Fritsch derart, dass der König ihn auch zum kursächsischen Unterhändler für die Friedensverhandlungen mit Preußen ernannte. Schließlich unterzeichnete er als sächsischer Bevollmächtigter am 15. Februar 1763 den Frieden von Hubertusburg. Doch die von Fritsch geleitete Restaurationskommission beschränkte sich in ihrer Tätigkeit nicht nur auf Vorschläge zur Beseitigung von Kriegsschäden, sondern erarbeitete auch einen Plan für die Außen-, Innen- und Wirtschaftspolitik Sachsens, der zu einer raschen Wiederbelebung des Landes und seiner Wirtschaft führte.
Auch in Seerhausen war Thomas von Fritsch sehr um sein Gut bemüht. Im Besitz der Familie von Fritsch erreichte das Rittergut Seerhausen seine Blütezeit. So ließ er die alte Wasserburg zu einem schlossartigen Wohnsitz umbauen und errichtete zahlreiche Wirtschaftsgebäude. Das Schloss war ein dreigeschossiger, rechteckiger Bau mit einem hohen Turm, der inmitten eines rechtwinkligen Sees stand. Zwischen 1870 und 1874 führte der aus Frankfurt am Main stammende Architekt Rudolf Heinrich Burnitz einen größeren Umbau durch. Dabei wurden die Schlossfassaden und die Innenräume im Stil der französischen Renaissance umgestaltet. Ein neuer Viereckturm im Südosten ersetzte den zentral stehenden und auf die Höhe des Hauptgesimses abgebrochenen alten Turm an der Ostseite des Schlosses. Auch den alten Schlosspark im holländischen Stil, den vorher Wassergräben in eine geometrische Beeteinteilung untergliederten, ließ Fritsch im französischen Gartenstil umgestalten. Am Ostende der südlichen Allee stand eine Sandsteinstatue des "Chronos", wohl von Balthasar Permoser. Dazu sechs Hermen aus Sandstein und mehrere Sandsteinvasen. Beim Umbau des Schlosses Ende des 19. Jahrhunderts wurde auch der das Schloss umgebende Wassergraben verfüllt.
Der letzte Schlossherr der Familie war Hugo Freiherr von Fritsch, der im Zuge der Bodenreform enteignet wurde. In der Folge plünderten sowjetische Soldaten, aber auch Einheimische das Schlossinventar. Da die Herren von Schleinitz und die von Fritsch zu den hochkarätigen und vermögenden Staatsbediensteten zählten, soll das Schloss voll mit Kunstgegenständen gewesen sein. Bereits Cornelius Gurlitt beschrieb eine Fülle wertvoller Gemälde und Plastiken, von denen heute viele nicht mehr auffindbar sind. Nach dem Erlass des Befehls 209 der SMAD wurde das Schloss am 23. März 1949 gesprengt. Einige Materialien nutzten Siedler der Ortschaft, Reste des Trümmerhaufens lagen aber auch noch bis zum Ende der 1970er Jahre im Park. Erst dann wurde der Bauschutt größtenteils auf eine Deponie gefahren und das Verbliebene zu einem Haufen geschoben und begrünt. Heute kümmert sich der Förderverein Seerhausen gemeinsam mit der Gemeinde Stauchitz um die Erhaltung von Schlosshügel und Schlosspark.
Sehenswert ist auch die kleine Schlosskapelle vor der Toreinfahrt des ehemaligen Gutshofes. Sie ist den Zerstörungen entgangen. Der malerische Raum enthält noch eine wertvolle Inneneinrichtung aus dem 17. Jahrhundert. Das Gestühl, die Kanzel und die herrschaftliche Westempore sind aus Holz gefertigt. Eine aufwändig gestaltete Schrifttafel erinnert an den Bauherrn Johann Georg von Schleinitz. Darüber verleiht ein eher seltenes hölzernes Tonnengewölbe dem Saal eine besondere Ausstrahlung.
 
Bildergalerie
Ruinenhügel
Schlosspark Seerhausen
Schlosskapelle
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